Lost Places

Eher via Zufall wurde vor einigen Jahren mein Interesse an der Lost-Place-Fotografie geweckt. Damals war ich noch ein absoluter Neuling in Sachen Fotografie und Blitzdingsen von Personen, Orten und Gegenständen. Da die (damals noch ausschließlich als Hobby betriebene) Fotografie es ständig darauf auslegte, die Geduld meines Kontos anzutesten, waren Mittel für Studioequipment und Miete dementsprechend eher spärlich gesät. So kam es, dass ich mich nach anderweitigen Shooting-Locations umsehen musste, welche natürlich auch eine spannende Atmosphäre bieten sollte, um meine zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhandenen Erfahrungen als Fotograf ein wenig zu vertuschen.

Somit habe ich meine anfänglichen Kontakte zu anderen Fotografen genutzt und mich gemeinsam mit ihnen auf die Suche nach geeigneten Plätzen begeben. Jedoch war deren Hilfe für das Auffinden meines ersten Lost Places gar nicht nötig, da ich zum damaligen Zeitpunkt beruflich in Duisburg ansässig war und in der unmittelbaren Umgebung auf den ehemaligen Güterbahnhof aufmerksam wurde (den Meisten von Euch dürfte dieser aufgrund der Tragödie der Love Parade bekannt sein, welche 2 Jahre nach meiner Entdeckung folgte). Zur Zeit meiner Entdeckung war der Bahnhof auch noch nicht wirklich abgesperrt, so dass ein Zutritt ohne weiteres möglich war.

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Schnell war ich wie gefesselt von der Leere, dieser Ruhe vor Ort und all den Gedanken und Fantasien, welche urplötzlich in mir empor kamen. Wie viele Leute hier wohl gearbeitet haben müssen? War dieser Bahnhof – nicht zuletzt aufgrund der Größe des Duisburger Hafens – der größte Güterumschlagplatz? Was mögen all die Mitarbeiter gedacht und wie mögen sie empfunden haben, als es zu der Schließung des Bahnhofs kam? Was war überhaupt der Auslöser dafür? Zu wenig Transportbedarf? Zu hohe Kosten? Fragen über Fragen, welche zum Teil noch heute unbeantwortet geblieben sind.

So wurde nach und nach mein Interesse an verlassenen Orten immer intensiver, da an diesen Orten ja zumeist auch ein Teil unserer Geschichte geschrieben wurde. Wenn man sich nun etwas länger mit dieser Materie auseinander setzt, so wird man feststellen, dass so vieles wie gewohnt auch eine Kehrseite der Medaille hat. Denn wie sich die meisten von Euch sicherlich vorstellen können, sind die Grundstücke, auf denen sich alte Bauruinen befinden, zu gut 95% Eigentum von Privatpersonen, Kommunen, Ländern oder wie auch immer. D.h. das Betreten der Gebäude und Gelände ist in den meisten Fällen nicht wirklich legal. Allerdings bewegt man sich hier häufig in einer Art Grauzone. Hierauf möchte ich aber gerne in einem späteren Blogbeitrag zurück kommen, da ich hier und heute gerne erstmal erzählen möchte, was mich an der Lost Place Fotografie so reizt. Für all diejenigen, bei denen ich schon jetzt das Interesse geweckt habe, sein gesagt: Bitte informiert Euch vor Eurer ersten Lost-Place-Tour dringend, worauf Ihr Euch gesetzlich sowie gesundheitlich einlasst, da viele dieser Orte mitunter ein gewisses Verletzungspotential mit sich bringen.

Nun aber zurück zum eigentlichen Hintergrund dieses Berichts.

Wenn man sich einmal anschaut, wie wenig unsere heutige Generation eigentlich über die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg weiß, finde ich es schon ein wenig erschreckend. Gerade aufgrund der Exportstärke Deutschlands im Rahmen der Industrialisierung finde ich es sehr schade, dass viele Dinge unerzählt bleiben und für unsere Nachkommen größtenteils auch nicht zugänglich dokumentiert werden. Gerade aus der Brille des Ruhrgebiets fällt schnell auf, dass viele Zechen, von denen uns unsere Eltern und Großeltern erzählen, jüngst dem Erdboden gleich gemacht wurden. Nur wenige Fördertürme, Kokereien und Zechengelände konnten sich bislang gegen den Wandel erwehren und sind heute ein Sinnbild der Historie des Kohlenpotts.

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Ich hatte vor einiger Zeit noch das Glück, kurz vor der Sprengung den Förderturm von Schacht 7 auf Schlägel und Eisen fotografisch dokumentieren zu können. Diesen gibt es somit nun auch nicht mehr. Ich bin damals selbst in einer Wohnsiedlung aufgewachsen, welcher die Zeche Wolfsbank weichen musste. Um nun aber irgendwann auch meinen potentiellen Nachkömmlingen erzählen und zeigen zu können, wieso das Ruhrgebiet auch als „Kohlenpott“ bezeichnet wird, begehe ich hin und wieder ausgestorbene Zechengelände und versuche, so viele Eindrücke wie eben möglich digital festzuhalten.

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Natürlich gibt es aber neben den Zechen auch noch weitere Industrieruinen, welche Geschichten aus der damaligen Zeit erzählen, oder aber auch teilweise nur noch erahnen lassen. Viele dieser teils bereits durch Vandalismus zerstörten Bauwerke ziehen allerdings wie bereits zu erahnen leider auch andere Interessenten an, welche durch Kupferdiebstahl, Graffitis oder Alkohol- und Drogenmissbrauch oftmals die Anwohner in den umliegenden Gebieten beunruhigen und diese dazu veranlassen, die Polizei zu rufen. Diese Umstände erschweren es leider immer häufiger, geschichtsträchtige Orte für unsere Nachwelt auf Bildern festzuhalten. Auch gibt es leider Gottes mittlerweile eine Zahl an Fotografen, welche neu entdeckte Lost Places nach ihrer Begehung verwüsten, damit folgende Fotografen diese Orte nicht mehr ausreichend und angemessen dokumentieren können. Folglich werden auch leider die Fotografen, welche den historischen Sinn in der Lost-Place-Fotografie sehen, nicht mehr so häufig geduldet, wie noch vor einiger Zeit. Jedoch werde ich mich von dieser Art Menschen nicht beirren lassen und auch weiterhin mein Möglichstes geben, diese teils mystische Magie für die Ewigkeit bildlich festzuhalten. Dieses werdet Ihr in kommenden Blogs sicherlich feststellen. Zum Abschluss noch ein paar weitere Bilder von Orten, welche ans Ruhrgebiet angrenzen. Aufgrund des Codex unter den Lostplace-Fotografen werden allerdings ebenso wie in diesem Beitrag auch zukünftig keine Adressen, Koordinaten oder ähnliches verraten, um den Erhalt dieser besonderen Orte nicht zu gefährden.

 

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